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Transparenz ist angesagt, wenn man mit Steuer-Geld arbeitet und im Auftrag der Bürger tätig ist. Die Gemeinde Vomp war bisher allerdings nur so transparent, wie es eben sein musste. Auf Nachfrage sagt Bürgermeister Karl-Josef Schubert, der Gemeinderat wolle das so, er könne es nicht ändern...

Vomp - Im 21. Jahrhundert funktionieren auch einige Dinge in der Kommunalpolitik anders: Die meisten Gemeinden stellen ihre Sitzungs-Protokolle mittlerweile ins Internet. Auch die Tagesordnungen der Gemeinderatssitzungen, die ja veröffentlicht werden müssen, findet man auf immer mehr Internet-Seiten der Gemeinden in Tirol. In Vomp war das anders: Hier gab es online keine Tagesordnung von Gemeinderats-Sitzungen. Auch die Sitzungs-Protokolle, also die Mitschrift der Gemeinderats-Sitzungen, wurden nicht im Internet veröffentlicht. Mehr noch: Der ROFAN-KURIER hat bei der Gemeinde bezüglich Sitzungs-Protokollen angefragt. Diese werden Medien NICHT  übermittelt, hieß es auf Nachfrage im Büro des Bürgermeisters. Auch die Tagesordnungs-Punkte der Gemeinderats-Sitzungen übermittelte die Gemeinde Vomp nicht an die Redaktionen.

Von größeren Gemeinden bringt der ROFAN-KURIER immer wieder auch Budget-Berichte: Hierfür wird eigens ein Fragebogen an die Gemeinden ausgeschickt. Die einzige Gemeinde, die diesen Fragebogen bisher nie ausgefüllt hat, war Vomp...

"Anderes" Demokratie-Verständnis

Offenheit und Transparenz sehen anders aus. Festgehalten sei: Die Gemeinde Vomp hat damit kein Gesetz verletzt. Die Sitzungs-Protokolle sind öffentlich. Zumindest, wenn man auf das Gemeindeamt geht und sich diese in Schriftform vorlegen lässt. Dann durfte der Bürger oder der Medienvertreter auch in Vomp Einblick nehmen. Rechtlich korrekt: Ja. Zeitgemäßer Umgang mit der Öffentlichkeit? Nein. Auf Anfrage hieß es seitens Bürgermeister Karl-Josef Schubert, der Gemeinderat wolle es so, das sei im Gemeinderat entschieden worden und er können dagegen als Bürgermeister nichts tun.

SPÖ stellt Antrag auf Veröffentlichung von Protokollen!

So kommt es, dass die SPÖ, die in Vomp in Opposition ist, bei der Juni-Sitzung des Gemeinderates den Antrag gestellt hat, die Sitzungs-Protokolle sollten wie in anderen Gemeinden online veröffentlicht werden. Dazu Gemeinderat Hubert Scheiber (SPÖ): "Bei uns sind ja viele neue Gemeinderäte dabei, die das auch eingesehen haben. Wir hatten ja auch gute Argumente. Es ist sehr erfreulich, dass dieser Antrag dann mit 15 zu 2 Stimmen im Gemeinderat angenommen wurde. Wir werden uns ja wohl nicht als rückständig bezeichnen lassen und unseren eigenen Bürgern den Zugang zu Informationen erschweren!" Der Beschluss gilt "ab sofort". Das aktuelle Gemeinderats-Protokoll wird bereits auf der Homepage der Gemeinde veröffentlicht.
Wir sollen Müll vermeiden. Wir sollen den Müllberg reduzieren... Doch wer das tatsächlich tut, zahlt offenbar drauf. In Vomp muss eine Familie nun fast drei Mal so viel Müll zahlen, wie sie produziert hat. Bgm. Schubert (ÖVP) sieht darin „keine Strafe“, die Regelung sei begründet.

Vomp - Harald Marx ist 50 Jahre alt, Techniker, verheiratet und Vater von zwei Kindern. Mit seiner Familie hat er ein Haus in Vomp. Die Gemeinde-Verwaltung lobt er ausdrücklich. Und weil die Familie Marx brav Müll trennt und möglichst alles dem Recycling zuführt, hat sie 2016 nur 48 kg Restmüll produziert! Eigentlich gehört dieser Familie dafür ein Umwelt-Preis verliehen.  Doch die Gemeinde Vomp sieht das anders: Anfang 2017 flattert eine Nachverrechnung ins Haus: 96 kg Restmüll soll die Familie quasi "nachkaufen". Gezeichnet: Bgm. Karl Josef Schubert.

Schreiben an Bürgermeister blieb unbeantwortet

"Ich habe mir das nicht erklären können. Warum sollen wir 96 kg Müll nachkaufen? Auf Nachfrage hieß es, wir hätten 2016 nur 48 kg Müll produziert. Dass man dann aber die Differenz zur Mindest-Menge nachkaufen muss, sehe ich nicht ein! Die Grundgebühr haben wir ja bezahlt – und jetzt zahlen wir drei Mal so viel Müll, wie wir produziert haben. Das ist eine falsche Beispielwirkung. Mir geht es hier auch nicht um's Geld, sondern um's Prinzip", sagt Harry Marx.
Mit seiner Gemeinde und der dortigen Verwaltung ist Harry Marx ausdrücklich sehr zufrieden, auch mit dem Bürgermeister.
In dieser Sache geht es ihm aber um das Aufzeigen einer – wie er es sieht – Schieflage. Da Bgm. Karl-Josef Schubert die entsprechende Anfrage von Marx nicht beantwortet hat, wendete sich dieser an den ROFAN-KURIER. "Wenn alle Bürger etwas weniger Müll produzieren, müssten ja auch die Entsorgungs-Kosten für die Gemeinde sinken. Das müsste man doch eigentlich fördern und nicht bestrafen...", denkt sich Harry Marx.

Beim Müll kann man viel tun!

"Bei der Müllvermeidung kann man viel für die Umwelt tun. Unsere Deponien reichen auch nicht ewig und die Verbrennung will niemand", sagt Harald Marx. Was tatsächlich möglich ist, zeigt die Familie mit einer Jahres-Müllmenge von 48 kg.

Bgm. Schubert nimmt Stellung

Was sagt der Bürgermeister zur Situation? Der ROFAN-KURIER hat nachgefragt.
RoKu: "Müssen in Vomp generell Familien, die 'zu wenig' Müll produzieren nachzahlen?"
Schubert: "Ja, wenn sie pro Kopf weniger als 36 kg pro Kalenderjahr produzieren. Diese 'Mindestmenge' liegt übrigens weit unter dem durchschnittlichen Restmüllaufkommen einer Person in einem Privathaushalt."
RoKu: "Wer Müll spart, zahlt damit für Abfall, den er nie produziert hat. Werden die Menschen damit nicht für vorbildliches Verhalten in Sachen Umweltschutz bestraft?"
Schubert: "Nein! Es ist keine Strafe, sondern eine Regelung, die in dieser oder ähnlicher Art in ganz Tirol gilt."
RoKu: "Was sind die Gründe für diese Vorgehensweise?"
Schubert: "Gäbe es keine Mindestrestmüllmenge, die vorgeschrieben wird, dann könnte Restmüll elegant und gebührenfrei über öffentliche Sammelstellen (Papierkörbe, Friedhofsmüllbehälter etc.) entsorgt werden. Teilweise passiert das leider. Der Gemeinderat von Vomp hat diese Regelung vor 12 Jahren beschlossen und hält sich damit genau an die Empfehlungen der Aufsichtsbehörde im Land Tirol. Eine Alternative wäre nur eine Erhöhung der Grundgebühren für die Müll- und Wertstoff-Entsorgung."
RoKu: "Wird es hier eine Anweisung zur Änderung geben?"
Schubert: "Es handelt sich um eine Verordnung des Gemeinderates, ich kann keine abweichende Anweisung geben... Die Nachverrechnung wird auch nicht erlassen."
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