Freizeit-Wohnsitz – kein Problem?
Ausländer dürfen in Tirol keine Immobilie kaufen und als Freizeit-Wohnsitz nutzen. Ein Oberländer Anwalt sorgte zum Thema kürzlich für Aufregung: Im Internet bot er unter anderem für deutsche Staatsbürger ein Online-Seminar zum Thema "Weg zur Immobilie ohne Hauptwohnsitz in Tirol" an.
ÖSTERREICH/TIROL Im Mai bot der Oberländer Anwalt Dr. Othmar Schimana auf der Internet-Seite www.freizeitwohnsitz-tirol.at kurzzeitig ein Online-Seminar zur Frage, ob man ohne Hauptwohnsitz in Tirol als Ausländer Immobilien kaufen kann, an. Über dieses Angebot wurden auch einige Makler in Tirol informiert. Daraufhin gab es verärgerte Reaktionen: In der Redaktion des ROFAN-KURIER meldeten sich ebenfalls Makler. Ein Makler sagt dazu zum ROFAN-KURIER: "Damit wollen wir nichts zu tun haben. Das Thema ist uns viel zu heiß..."
Seite vom Netz genommen
Auch die Landesregierung erfuhr von der Aktion. Einige Bürger empörten sich, Landtags-Abgeordnete forderten Konsequenzen... Dr. Schimana nahm die Seite schließlich vom Netz.
Anwalt gibt ROFAN-KURIER ausführliches Interview
ROKU: "Wie sind Sie auf die Idee gekommen, dieses Angebot online zu stellen?"
SCHIMANA: "Ich bekam immer wieder Anrufe von Personen, hauptsächlich Deutschen, die in Tirol eine Immobilie kaufen wollten. Aber dann hieß es immer "das darf ich ja nicht". Ich führte immer und immer wieder das selbe Gespräch, teils zwei Stunden und mehr. Da hatte ich die Idee."
ROKU: "Wären das nicht Tipps zur Umgehung der Freizeit-Wohnsitzregelung?"
SCHIMANA: "Nein. Fakt ist: Man darf als EU-Bürger in Tirol eine Immobilie kaufen, ohne hier einen Hauptwohnsitz zu begründen. Ob man das möchte, oder nicht: Das ist die aktuelle rechtliche Lage. Darüber hätte ich mit dem Online-Lehrgang aufklären wollen. Natürlich gibt es auch Fälle, in denen das nicht geht: Zum Beispiel die Vertragsraum-Ordnung."
ROKU: "Was gilt aktuell?"
SCHIMANA: "Es gibt keine generelle Residenzverpflichtung in Tirol, wenn man eine Immobilie erwirbt. Mein Online-Seminar wäre daher kein Aufruf zur Umgehung oder zur Ausnutzung von Lücken, sondern nur ein Aufzeigen der legalen Möglichkeiten gewesen."
ROKU: "Heißt konkret was...?"
SCHIMANA: "Ein Deutscher kann hier eine Wohnung kaufen. Er kann sie leer stehen lassen oder sie dauerhaft vermieten. Wenn er sie leer stehen lässt, verpflichtet ihn aber das Bundesgesetz, sich (dann und wann, Anmerkung) in der Immobilie aufzuhalten. Es gibt nämlich im österreichischen Wohnungs-Eigentumsgesetz die Verpflichtung der Nachschau! Sprich: Man muss das Objekt entsprechend warten, damit nicht andere Wohnungseigentümer gefährdet werden. Dieses Bundesgesetz steht über dem Landesgesetz... Und wenn der Käufer seine Nachschau-Pflicht erfüllt, ist es ihm nicht zumutbar, dass er dafür in ein Hotel geht... Er darf sich also in der Immobilie aufhalten und dort übernachten. Wie lange, ist aber eine Entscheidung des Einzelfalls. Das ist legal, weil es keine Freizeitwohnsitz-Nutzung ist, solange er dort nicht Urlaub macht."
LR Tratter (ÖVP): "Kämpfen gegen illegale Freizeit-Wohnsitze!"
Raumordnungs-Landesrat Mag. Hannes Tratter (ÖVP) sieht die Sache kritisch: "Wenn man weiß, wie die Menschen in Tirol kämpfen müssen, damit sie sich eine Wohnung leisten können, ist ein Geschäftsmodell mit Beratungen, die möglicherweise zur Umgehung unserer Gesetze führen könnten, zumindest verwunderlich. Das findet zu Recht wenig Verständnis in der Bevölkerung. Ja, man darf als Ausländer kaufen, aber das, was früher ging, geht heute nicht mehr, die Regeln sind sehr streng! Wir werden nicht zuschauen, wie man versucht, unsere Freizeitwohnsitz-Gesetze zu umgehen! Wenn es ums Wohnen geht, muss schon zuerst die heimische Bevölkerung zum Zug kommen."
Was ist ein Freizeit-Wohnsitz eigentlich? Ein Freizeitwohnsitz ist ein (Wohn)Ort, an dem man sich erholt, sich zu Freizeit- und Erholungszwecken aufhält. Wenn EU-Bürger eine Wohnung in Tirol kaufen, dürfen sie diese auch Dauervermieten. Aber nicht für Urlaubs-Zwecke. Ausgenommen sind davon die Privatzimmer-Vermietung oder das Vermieten von Ferien-Wohnungen bei nicht mehr als drei selbständigen Wohneinheiten und nicht mehr als 12 Betten in einem Gebäude. Ebenfalls ausgenommen sind Unternehmer, die eine gewerberechtliche Konzession für Beherbergung haben, wie Hotel- oder Gastgewerbe-Betriebe.
Tratter: "Leerstands-Abgabe kommt ab Jänner 2023"
Zum Thema ergänzt LR Tratter: "In der Regierung haben wir übrigens gerade die Leerstands-Abgabe beschlossen. Diese wird mit 1. Jänner 2023 in Kraft treten und wird analog zur Freizeit-Wohnsitzabgabe eingehoben. Für die Gemeinden gibt es dabei keine fixen Sätze, sonder Ober- und Untergrenzen." Beispiele: Für eine leer stehende Wohnung bis 30 m2 ist die Untergrenze etwa 10,– EURO pro Monat, die Obergrenze 25,– EURO pro Monat. Bei einer Luxus-Immobilie von 250 m2 werden es bis zu 215,– EURO pro Monat. In "Vorbehalts-Gemeinden", das sind Gemeinden mit besonders hohem Wohndruck, bezahlt man dann mehr, etwa bis zu doppelt so viel. Raumordnungs-Landesrat Tratter dazu: "Wir sollten alle gemeinsam, trotz EU-Mitgliedschaft, versuchen, den Ausverkauf der Heimat zu verhindern!"
Kritik an der Abgabe
Dass die Leerstands-Abgabe ausländische Investoren abschreckt, glauben Kritiker nicht. Wer als Investor in Tirol Immobilien im 7-stelligen EURO-Bereich erwirbt, die sich Einheimischen ohnehin kaum leisten können, den würden auch ein paar Tausend EURO im Jahr nicht abschrecken. Einheimische mit Leerstand müssten aber auch zahlen...
Definition gemäß §13 Beschränkung für Freizeitwohnsitze
(1) Freizeitwohnsitze sind Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden.
Als Freizeitwohnsitze gelten nicht: a) Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen, sofern Gemeinschaftsräume vorhanden sind und gewerbetypische Dienstleistungen, insbesondere die regelmäßige Raumreinigung und das regelmäßige Wechseln der Wäsche, erbracht werden und überdies seitens des Betriebes die ständige Erreichbarkeit einer Ansprechperson gewährleistet ist,
b) Kur- und Erholungsheime, die von öffentlichen oder gemeinnützigen Einrichtungen oder Betrieben STÜCK 22, NR. 56 219 oder Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt erhalten werden,
c) Gebäude mit höchstens drei Wohnungen mit insgesamt höchstens zwölf Betten, die während des Jahres jeweils kurzzeitig an wechselnde Personen vermietet werden (Ferienwohnungen); entsprechende Neubauten, für die die Baubewilligung erst nach dem 1. Februar 1996 rechtskräftig erteilt worden ist, gelten jedoch nur dann nicht als Freizeitwohnsitze, wenn der Vermieter der Ferienwohnungen im betreffenden Gebäude seinen Hauptwohnsitz hat; Ferienwohnungen in Gebäuden, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine einheitliche Gesamtplanung aufweisen, sind zusammenzuzählen,
d) Wohnräume, die der Privatzimmervermietung dienen.
Sind in einem Gebäude oder in Gebäuden, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine einheitliche Gesamtplanung aufweisen, Ferienwohnungen und Wohnräume, die der Privatzimmervermietung dienen, untergebracht, so darf die Zahl der Betten insgesamt zwölf nicht überschreiten.
Autor: Mag. Christian Mück, Rechte: MP MEDIA & POWER GmbH - ROFAN-KURIER