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Landtags-Abgeordneter Dr. Andreas Brugger (Liste FRITZ) kehrt dem Landtag den Rücken. Er übergibt seinen Platz an die Bezirks-Sprecherin von Kufstein, die Psycho-Therapeutin Mag. Isabella-Katharina Gruber. Damit schraubt der FRITZ-Club die Frauen-Quote auf 100%.

TIROL (cm) Mit Dr. Andreas Brugger verliert die LISTE FRITZ im Landtag einen Pragmatiker, der vor allem enorme Kenntnisse über politisch relevante Rechtsmaterie mitbrachte.
Brugger ist der Mann, der die Agrargemeinschafts-Debatte maßgeblich vorantrieb und am Laufen hielt. Er gilt als der  Rechts-Experte in Sachen Agrargemeinschaften.
Der ROFAN-KURIER hat Brugger zum „Abschieds-Interview“ gebeten.

ROKU: „Andreas, was ist der wahre Grund? Dass alles zusammen viel Arbeit ist, hast Du ja schon früher gewusst... Warum gehst du?“

BRUGGER: „Du hast sicher damit Recht, dass ich nicht plötzlich vom Arbeitsaufwand überrascht war (lacht). Aber es hat ein derartiges Ausmaß angenommen, das ich nicht mehr bereit bin, das zu tragen. Ich habe seit 2008 fast kein einziges Wochenende ge-habt, an dem ich nicht gearbeitet habe. Unter der Woche habe ich fast immer bis Mitternacht gearbeitet. Für Sport hatte ich keine Zeit – und das ist nicht gut für die Gesundheit. Was die Sache auch verstärkt: Das Agrarthema ist im Landtag aber auch bei mir in der Rechtsanwalts-Kanzlei zurückgegangen. In der Kanzlei habe ich wieder mehr andere Aufträge, die sich nicht mit meinen politischen Nachforschungen decken. Damit ist es mehr Arbeit... Wenn ich was mache, lasse ich mich nicht auslachen. Gerade wenn man nur zu zweit im Landtag ist, muss man 100% im Thema fit sein.  Eigentlich wollte ich es 2011 schon lassen. Aber der Fritz Dinkhauser hat mich gebeten, weiterzumachen. Dann haben wir Bernhard Ernst verloren, dann den Fritz Dinkhauser selbst. Da konnte ich nicht mehr zurücktreten... Die Andrea und die Partei haben sich aber jetzt konsolidiert, so dass es nun möglich ist, dass ich den Platz übergebe.“

ROKU: „Mit Deinem Abgang ist der Landtags-Club der Liste FRITZ plötzlich ein 100%iger Frauen-Club. Wurde dieser Schritt bewusst gesetzt, um Frauen als Wähler mehr anzusprechen?“
BRUGGER: „Bei der Auswahl von Isabella Gruber als Nachfolgerin war ich selbst Federführend dabei. Ich wollte jemanden haben, der auch mit Engagement und Einsatz und mit dem Wunsch, etwas zu bewegen, in das Mandat geht. Dass sie selbst auch ein kleines Kind hat, ist gut, weil sie einige Probleme bezüglich Kinder-Betreuung in Tirol aus eigener Erfahrung kennt. Bei uns in Tirol ist es ja so, dass für die Schützen gerne mehr Geld ausgegeben wird, als für Kindergärten...“
ROKU: „Du bleibst der Liste FRITZ als Berater erhalten. Im Landtag wirst du als Jurist und Pragmatiker aber schwer zu ersetzen sein...“

BRUGGER: „Wir haben uns unter den Bewerbern im Club-Büro den besten Juristen ausgesucht, den wir holen konnten. Das hilft sehr und er kann mich immer sofort kontaktieren. Vielleicht wird die juristische Schlagkraft im Landtag leiden, dafür bringt meine Nachfolgerin aber andere Schwerpunkte mit.“

ROKU: „Deine Nachfolgerin, Mag. Gruber, will sich mehr für Asylwerber einsetzen. Ein Frauen-Club, Asylwerber... Driftet die Liste FRITZ damit immer mehr nach links?“

BRUGGER: „Also ich würde die Flüchtlings-Frage eigentlich nicht in „links“ und „rechts“ einteilen. Ich weiß nicht warum! Es ist nie berichtet worden, aber ich habe schon im Herbst 2014 gefordert, dass hier die Flüchtlinge anständig über Asylanträge aufgeklärt werden. Die Leute, die hier am Brenner tätig waren waren da wirklich durch ihre Tätigkeit belastet. Ich glaube man sollte hier keine Unmenschlichkeit walten lassen. Dass wir ein massives Problem bekommen, wenn alle Afrikaner zu uns kommen und dass wir das nicht stemmen, weiß ich auch. Aber dann muss man sich aufraffen und dafür sorgen, dass die Leute zu Hause ein sicheres Leben haben. Langfristige Lösungen können nur in den Herkunfts-Ländern dieser Leute liegen.“

ROKU: „Du warst die treibende Kraft in der Agrargemeinschafts-Frage. Wird das Thema weiter verfolgt – und wer übernimmt dieses Thema in der Landtags-Diskussion?“

BRUGGER: „Das Thema werde ich selbst weiter betreiben! Wenn es darum geht, Anträge zu stellen, müssen diese ausgedacht, recherchiert und formuliert werden.“
ROKU: „Was waren deine größten politischen Erfolge?“

BRUGGER: „Trotz allem was noch fehlt. In der Agrargemeinschafts-Frage haben wir doch sehr viel erreicht. Dass hier nun (in einem Teil der Agrargemeinschaften) der Gewinn den Gemeinden gehört und die Bürgermeister mitreden, wäre noch 2008 völlig undenkbar gewesen. Man darf da auch nicht ungeduldig sein mit der Umsetzung. Das etabliert sich jetzt erst.“

ROKU: „Was wünschst Du Dir für die politische Zukunft?“

BRUGGER: „Einerseits sollte mehr „leben und leben lassen“ in der Politik sein, andererseits sollte man mehr denen helfen, die unter die Räder kommen. Aber genau denen hilft man nicht. In Wahrheit ist das, was in der Politik passiert, das Ergebnis von Machtkämpfen. Es sollte mehr sein, wie in den 68er-Jahren... Dass sich wieder mehr Leute darum kümmern, was in der Politik passiert. Aber die Leute sollen auch aufhören zu sagen, die Politiker sind eh alle schlecht. Ich erlebe immer mehr eine Entwicklung ins Biedermeier, wo sich die Leute immer mehr abwenden von der Gemeinschaft. Entweder in blindem Vertrauen, oder in einer pauschalen Ablehnung der Politik. Von denen, die in der Liste Fritz sind, braucht keiner die Politik! Wir machen uns da nur Schwierigkeiten. Wir machen das für die Leute...“
ROKU: „Danke für das Gespräch!“
TIROL (cm) Dr. Andreas Brugger ist Rechtsanwalt und Experte für Liegenschafts- und Verwaltungsrecht. Er lebt in Aldrans (Kanzlei in Innsbruck), ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Brugger ist Abgeordneter für die LISTE FRITZ im Tiroler Landtag. Im aktuellen Polit-Interview schießt sich Brugger auf die Novelle des Jagdgesetzes ein.

ROKU: „Wie geht es der LISTE FRITZ eigentlich ohne den Fritz?“

BRUGGER: „Der Fritz Dinkhauser ist immer noch dabei und ist auch noch Partei-Obmann. Er kommt jede Woche ins Büro und plant mit. Wir sind mittlerweile ein richtiges Bürger-Forum. Leute wie „du und ich“ können bei uns ihre Anliegen zum Thema Politik einbringen. Wir kümmern uns dann um die Anliegen. Leider ist die Idee „ich bringe mich ein“ in Tirol noch zu wenig verbreitet. Wir bekommen für die Landtags-Arbeit ein sehr gutes Feed-Back! Wir rufen die Leute dazu auf, mit ihren Anliegen zu uns zu kommen, dann packen wir die Themen an.“

ROKU: „Wir haben etwa Halbzeit. Wie schätzt ihr die Möglichkeiten bei der nächsten Wahl ein?“

BRUGGER: „Es gibt in Tirol etwa 20% an Wählern, die sich in den klassischen Parteien nicht vertreten fühlen. Manche wählen diese Parteien dann trotzdem, obwohl die Interessen einzelner Bürger oft rücksichtslos beiseite gewischt werden, wenn sie jemandem nicht in den Kram passen. Viele Bürger glauben in Tirol halt noch immer, der Name „Volks-Partei“ würde genügen, damit sich die Regierung auch um alle kümmert, die zum Volk gehören... Die 20%, die sich aber schlecht vertreten fühlen, darunter viele bürgerliche Wähler, sprechen wir sehr gut an. Es sind hier sicher Zugewinne für uns möglich. Wir sind stabilisiert und befinden uns in einer Wachstums-Phase. Es gibt großes Potential.“

ROKU: „Zum Thema Demokratie in Tirol: Wie siehst Du die Situation?“

BRUGGER: „Die Beschlüsse im Landtag fasst immer die Mehrheit. Das sind momentan ÖVP und GRÜNE. Die größere Enttäuschung sind dabei die GRÜNEN... Die Aufgabe der Oppositions-Politik ist es, Dinge, die nicht in Ordnung sind, aufzuzeigen. Und wir betreiben Bewusstseinsbildung. In den Ausschüssen kann man auch sehr gut mit den Abteilungs-Leitern im Land sprechen, die gewichtige Positionen in der Gesetzes-Formulierung haben. Im ersten Effekt lehnt die Regierung immer die Anträge der Opposition ab. Aber sie wissen es, wenn sie Mist gebaut haben. Dann kommen unsere Vorschläge halt später und ein wenig umformuliert.“

ROKU: „Wo steht FRITZ eigentlich im politischen Spektrum? Eher links oder eher rechts?“

BRUGGER: „Die Ideologien „links“ und „rechts“ sind ja über 100 Jahre alt. Ich denke, wir können uns eher der Mitte zuordnen und kümmern uns um die schwachen in der Gesellschaft. Grundsätzlich muss man sagen: Der Staat will immer mehr Geld, mehr Macht! Dann muss er aber um einiges besser funktionieren, als er es jetzt tut...“

ROKU: „Was ist eigentlich aus deinem zentralen Thema „Agrargemeinschaften“ geworden?“

BRUGGER: „Hier ist viel weitergegangen. In den festgestellten Gemeindeguts-Agrargemeinschaften ist ein wesentlicher Teil der Entscheidungs-Gewalt auf den Bürgermeister oder Substanz-Verwalter übergegangen. Die negative Seite: Das Gesetz betrifft ja nur 1/3 der Agrargemeinschaften in Tirol! Auch hier stellt man fest, dass sich die Bürgermeister in vielen Fällen nicht trauen, von den neuen Rechten Gebrauch zu machen. Die Bauern müssen jetzt Bewirtschaftungs-Beiträge leisten... Diese Beiträge liegen aber weiter unter den tatsächlichen Kosten. Darum machen die Almweide-Gemeinschaften nun Verluste. Die Verluste bleiben bei den Gemeinden hängen! Obwohl das Geld an anderen Ecken fehlt... Ein weiteres Drittel sind die Agrargemeinschaften, wo die Gemeinden auch Grundeigentümer geblieben sind. Die wurden durch das neue Gesetz ganz außer Acht gelassen, obwohl es auch hier einen dringenden Handlungs-Bedarf gibt, weil der Gemeinde durch den Regulierungs-Plan ein Großteil der Rechte weggenommen wurde! Dann gibt es noch jene, die in den Feststellungen nicht als Gemeindegut anerkannt wurden, obwohl sie früher wohl wahres Eigentum der öffentlichen Hand waren. Das wird gar nicht mehr im Detail überprüft.“

ROKU: „Im Mai soll der Landtag über das neue Jagdgesetz abstimmen. Was sagst du dazu?“

BRUGGER: „In der Natur gibt es Pflanzen. Und es gibt Tiere. Die Planzen haben momentan die richtige Farbe: Sie sind grün. Und wir haben Tiere, die die falsche Farbe haben: Sie sind braun... In Wahrheit schickt man jetzt – mit Zustimmung der GRÜNEN – ein Gesetz auf den Weg, das besagt, dass wir in den nächsten Jahren zu tausenden die Wald-Tiere abknallen lassen! Und wo sogar die Schonzeit aufgehoben wird, in der die Tiere Junge haben! Ein Rehkitz, dem die Mutter weggeschossen wird, verhungert elendiglich! Ein Gesetz, in dem JEDE Wildfütterung von der BH überprüft werden soll, ob sie da passt wo sie hinkommt! Das ist bürokratischer Wahnsinn. In Wahrheit geht es hier um den Lebensraum für die Tiere! Dass die Tiere in der Öffentlichkeit einzig und allein die  (Jäger, Anmerkung) als Fürsprecher haben, die sie dann abknallen, ist schon verblüffend. Die GRÜNEN sind hier so einseitig unterwegs! Das ist ein Konflikt zwischen Wirtschaft und Leben. In Wahrheit hat sich in den Agrargemeinschaften der Holzertrag verdreifacht, trotz aller Rehe. Das Jagdgesetz ist ein Paradebeispiel dafür, wie überspitzt und überzogen der Gesetzgeber in Tirol anlassbezogen reagiert. Und zwar auch in einer unglaublichen Grausamkeit gegenüber den Tieren. Das Gesetz sagt: „Wenn´s zu viele sind, lassen wir sie halt verhungern.“ Wenn dann auch noch die Schonzeit aufgehoben wird, wo dann Mutter-Tiere geschossen werden und die Jungen elendiglich verhungern... Und das mit Unterschrift der GRÜNEN. Solche Brutalitäten haben in der Politik nichts verloren. Das ist eigentlich ein gesetzlicher Zwang zur Massen-Tötung.“

ROKU: „Danke für das Gespräch!“
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