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Kaum wo in Österreich leidet die Bevölkerung derart unter den Abgasen des Transit-Verkehrs, wie in Tirol. Nun hat die Landesregierung das "Sektorale LKW-Fahrverbot" verordnet. Es soll mit 1. November in Kraft treten und 200.000 LKW-Fahrten pro Jahr verbieten. Für die LISTE FRITZ eine "Fata Morgana"...

Kramsach Seit Monaten fahren die Tiroler auf der Inntal-Autobahn Tempo 100. Der Luft-100er galt als Bedingung für das jetzt von der Landes-Regierung verordnete Sektorale LKW-Fahrverbot. Ab November soll dieses Verbot zumindest eine leichte Abgas-Entlastung bringen. "Wir bringen etwa 200.000 LKW auf die Schiene und reduzieren einen Großteil der Schadstoffe", heißt es dazu von LH Günther Platter (ÖVP). Mit der neuen Maßnahme werden "alte Stinker" verboten. Ab Sommer 2016 sind alle "Solo-LKW" der Klasse Euro II verboten, mit Ende 2017 wird das Verbot auf alle LKW (Solo, Lastzüge, Sattelkraftfahrzeuge) der Klasse Euro III ausgeweitet. Die Anschaffung von neuen LKW wird dabei für Tiroler Unternehmer vom Land Tirol unterstützt.

Für LISTE FRITZ eine "Fata-Morgana"

"Die Idee eines Sektoralen LKW-Fahrverbotes für bestimmte Güter ist es, bestimmte Güter, wie Holz, Steine, Marmor, Schrott, Autos etc. nicht länger per LKW durch Tirol karren zu lassen, sondern sie auf die Bahn zu zwingen", heißt es dazu in einer Aussendung der LISTE FRITZ. Tatsächlich habe die schwarz-grüne Landesregierung aber lediglich verordnet, dass uralte LKW der Klassen Euro II (ab Sommer 2016) und Euro III (Ende 2017) nicht mehr fahren dürfen. "Wobei diese LKW ohnehin kaum mehr jemand benützt", heißt es dazu von der LISTE FRITZ. Von einem echten Sektoralen LKW-Fahrverbot für Güter wie Schrott, Müll... sei nun nichts übrig geblieben. Auch die jetzige Landesregierung sei damit jetzt am Wiederstand der EU gescheitert.
"Die schwarz-grüne Regierung verkauft die Tiroler Bürger für dumm. Der angekündigte 'Meilenstein' für die Umwelt in Tirol ist ein schlechter Witz und die prophezeiten 200.000 LKW, die mit dieser Maßnahme von den Tiroler Straßen wegkommen sollen, sind absolut unrealistisch. Das sektorale Fahrverbot für bestimmte Güter ist eine Fata Morgana, diese Verkehrspolitik besteht aus Ankündigungen und Überschriften!", ärgert sich LISTE-FRITZ-Klubobfrau Dr. Andrea Haselwanter-Schneider. (hp/rr)
Auch mit der Einführung des sektoralen Fahrverbotes in Tirol werden nur etwa 10 Prozent der LKW in Tirol auf der Schiene das Land durchqueren. Derzeit fahren jährlich rund 3 Millionen LKW durch Tirol, in Wörgl wurden auf der A12 im Jahr 2015 sogar 8.900 LKW pro Tag gezählt.

Tirol - Obwohl sich die Österreichischen Bundesbahnen in einer Aussendung selbst feiern, verringern die Züge der Rollenden Landstraße (ROLA) und das vielleicht kommende sektorale Fahrverbot die LKW-Belastung in Tirol nur geringfügig.

8.900 LKW pro Tag

Mit 154.860 beförderten LKW-Einheiten waren 2015 zwar  um 10.724 LKW mehr auf der ROLA unterwegs als im Jahr 2014, doch waren laut einer Zählung des VCÖ in Wörgl immer noch 8.900 LKW täglich auf der A12 unterwegs. Insgesamt sind auf der Brennerachse täglich 32 ROLA-Züge unterwegs. Die Kapazitätsauslastung der Züge konnte von 83,3 Prozent im Jahr 2014 auf 84,9 Prozent im Jahr 2015 gesteigert werden. Für eine mögliche Einführung des Sektoralen Fahrverbotes wurden laut ÖBB bereits Vorkehrungen getroffen. So wurde der Terminal in Wörgl in den letzten Jahren modernisiert und ausgebaut, um bei Bedarf zusätzliche Züge einsetzen zu können. Auch am Terminal am Brennersee wurden zuletzt bauliche Adaptierungen wie ein LKW-Vorstauparkplatz, eine moderne LKW-Waage sowie ein Betriebsgebäude umgesetzt.

LHStv Felipe: 200.000 LKW mehr auf Schiene bringen

Mit dem sektoralen LKW-Fahrverbot, für das der Luft-100er die Eintrittskarte ist, will Tirol 200.000 LKW von der Straße auf die Schiene verlagern. Ob die ÖBB wirklich innerhalb eines Jahres die Kapazitäten auf der ROLA mehr als verdoppeln kann, bleibt aber abzuwarten.

VCÖ: LKW-Verkehr nimmt laufend zu!

„Trotz Wirtschaftsflaute hat der LKW-Verkehr auf Tirols Autobahnen heuer erneut zugenommen. Das ist auch ein Zeichen, dass viele Waren sinnlos kreuz  und quer durch Europa transportiert werden. Die EU muss ihre Transportpolitik  endlich in Einklang mit ihren Klima- und Energiezielen bringen“, fordert VCÖ-Experte Markus Gansterer verstärkte Maßnahmen auf EU-Ebene.
Das sektorale Fahrverbot wird in Tirol höchstwahrscheinlich nur etwa 10 Prozent aller LKW auf die Schiene zwingen.

Spalt-Pilz „Tempo 100“ startet auf A12

Mittwoch, 01 Oktober 2014
Freigegeben in Politik

Die Inntalfurche ist in weiten Teilen ein Sanierungs-Gebiet nach IG Luft. Mit anderen Worten: Die Luft ist so dreckig, dass die Gesundheit in Gefahr ist. Das LKW-Fahrverbot für Müll, Schrott,... brachte Erleichterung, doch die EU hat es gekippt. Erst müsse Tirol selber etwas gegen die schlechte Luft tun.

TIROL (rr/lias)   Über Tempo 100 bei schlechter Luft regen sich etliche Tirolerinnen und Tiroler gehörig auf. Diesen Herbst kommt es noch dicker: Tempo 100 km/h soll dauerhaft auf der A12 starten. Die GRÜNEN haben sich mit dieser Forderung in der schwarz-grünen Koalition durchgesetzt. Noch 2013 hatte LH Günther Platter (ÖVP) den Dauer-Hunderter im Landtags-Wahlkampf als „Schwachsinn“ bezeichnet, wie die KLEINE ZEITUNG zitiert. Voraussichtlich im November kommt der Luft- und Lärm-100er jetzt doch dauerhaft.
Glaubt man Ärzte-Vertretern, ist es dafür aber höchste Zeit. Der Dreck in der Luft führe in Tirol bereits zu erhöhten Zahlen an Atemwegs-Erkrankungen, vor allem bei Kindern, warnt beispielsweise auch der Verkehrs-Club Österreich (VCÖ).
Ohne landeseigene Maßnahmen zur Luft-Verbesserung verbietet die EU den Tirolern, den LKW-Transit einzudämmen. Und so soll die dreckige Luft durch den 100er für Autos sauberer werden. Zeitgleich mit dem Dauer-100er auf der A12 hat die Landes-Regierung vor dem Sommer auch den Ausbau der Wasserkraft beschlossen, den zuvor wiederum die GRÜNEN abgelehnt hatten...

Hintergrund

Das LKW-Fahrverbot für Güter wie Müll, Schrott, Holz etc. - brachte eine Erleichterung für Tirol. Doch die EU hat es nach Klagen der LKW-Lobby 2011 gekippt. Begründung (sinngemäß): Man unternehme selbst in Tirol zu wenig, um den Dreck in der Luft zu reduzieren. Daher könne man auch nicht von der internationalen Frächter-Lobby verlangen, die Last der Reduktion zu tragen. Mit Einführung der permanenten Tempo-100-Beschränkung auf der Inntalautobahn ab Herbst erreicht Tirol nun einerseits eine Reduktion der Abgase und andererseits schafft es die Basis, um im Herbst 2015 wieder ein sektorales LKW-Fahrverbot erlassen (zu dürfen...).
Der Dauer-Hunderter soll vorerst für ein Jahr in den Testbetrieb gehen. Sollte sich dann herausstellen, dass die Maßnahme doch nicht zu einer Reduktion der Schadstoffe geführt hat, soll Tempo 100 laut LH Platter (ÖVP) wieder aufgehoben werden.

Bereiche

Gelten wird der 100er auf der Inntalautobahn (A12) zwischen Kufstein und Zirl, zwischen Karrösten und Zams sowie auf der Brennerautobahn (A13) zwischen Innsbruck und Schönberg
Dann dürfe man mit gnädigem Wohlwollen der EU auch wieder ein Sektorales Fahrverbot für LKW mit Schrott oder Müll verordnen... 
„Wir führen das sektorale Fahrverbot im Herbst 2015 wieder ein“, kündigte LH Günther Platter vor dem Sommer an. Die entsprechende Verordnung sei mit 1. November 2015 vorgesehen.

Luft-Hunderter nicht neu…

Bereits am 1. November 2007 verordnete die Landesregierung unter dem damaligen Umwelt-Landesrat Hans Lindenberger (damals noch SPÖ, jetzt VORWÄRTS) generell Tempo 100 km/h. Die Beschränkung galt bis 30. April 2008 und sollte die Schadstoff-Belastung im Winter (Hausbrand, Heizung…) reduzieren. Bereits damals lagen Untersuchungs-Ergebnisse zu den Auswirkungen der Maßnahme vor. Bei Tempo 100 km/h wurden laut Umwelt-Landesrat Hans Lindenberger von Pkw um 46 Prozent weniger Schadstoffe ausgestoßen als bei Tempo 130 km/h. Trotzdem muss abermals gewartet werden, bis das Sektorale LKW-Fahrverbot für Güter wie Schrott, Müll, Rundholz, Weizen,... eingeführt wird.
Studien aus Wien, Graz und Linz zeigen indessen einen deutlichen Anstieg der Herz- und Kreislauferkrankungen sowie von Atemwegserkrankungen, die direkt auf Verkehrsabgase zurückzuführen sind.

LHStv Felipe im Interview

Der ROFAN-KURIER hat  an LHStv Mag. Felipe (GRÜNE) zum Thema eine Interview-Anfrage gerichtet, hier die Antworten:

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ROKU: „In welchen Autobahn-Bereichen wird der permanente 100er genau gelten?“
FELIPE: „Auf der Inntalautobahn (A12) zwischen Kufstein und Zirl, zwischen Karrösten und Zams und auf der Brennerautobahn (A13) zwischen Innsbruck und Schönberg.“

ROKU: „Wann startet Tempo 100 km/h? Es heißt immer nur „Herbst“...
FELIPE: „Unser Ziel ist, dass der Lärm- und Luft-100er spätestens im November in Kraft tritt.“

ROKU: „Sie haben Tempo 100 km/h als „1-jährigen Versuch“ bezeichnet und auch als Notwendigkeit für die Wiedererlangung des sektoralen LKW-Fahrverbotes. Im Herbst 2015 soll das Sektorale LKW-Fahrverbot wieder eingeführt werden. Wie realistisch ist die Abschaffung des 100ers nach 12 Monaten und kann das Sektorale Fahrverbot bei einer möglichen Abschaffung OHNE Tempo 100 vor der EU bestehen?“
FELIPE: „Alle bisherigen 100er auf österreichischen Autobahnen haben einen deutlichen Rückgang der Schadstoffe und einen noch deutlicheren Rückgang der Unfallzahlen gebracht. Nach unserem derzeitigen Wissensstand besteht aber keine Chance, dass das sektorale LKW-Fahrverbot ohne Lärm- und Luft100er vor dem Europäischen Gerichtshof hält.“

ROKU: „War es schwer, diese Forderung in der Koalition durchzusetzen? Schließlich hat Günther Platter den Dauer-100er noch im Wahlkampf 2013 als „Schwachsinn“ bezeichnet...“
FELIPE: „Die schwarz-grüne Koalition hat sich die Reduktion des LKW-Transitverkehrs ... vorgenommen...“

ROKU: „Das ist keine Antwort auf die Frage."
                  
ROKU: „Ist die Zahl der Lungenerkrankungen in Tirol entlang der Inntal-Autobahn erhöht, wenn ja: Um wieviel Prozent im Vergleich zum österr. Durchschnitt?“
FELIPE: „Aus einer Studie aus dem deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen wissen wir, dass bei steigender Stickstoffbelastung der Luft mehr Todesfälle registriert werden, dass mehr Menschen wegen Atemwegserkrankungen ins Spital müssen und vermehrt Herz-Rhythmusstörungen auftreten. Längerfristig häufen sich bei schlechter Luft Infektionskrankheiten der Atemwege. Genaue Zahlen aus Tirol und Österreich liegen uns hier nicht vor.“

ROKU: „Wie viele PKW fahren derzeit pro Jahr auf der Inntalautobahn?“
FELIPE: „Derzeit fahren pro Jahr sechs Mal mehr Autos durch Tirol, als LKW. Deswegen sind weniger Auto-Schadstoffe auch ein ganz wichtiger Hebel für besssere Luft im Inntal und im Wipptal.“

ROKU: Anmerkung: Über 2,5 Mio. LKW fahren pro Jahr auf der A12... „Können Sie die Menge der Abgase, die diese Autos ausstoßen, beziffern? Wie viel Prozent dieser Abgase soll der 100er im Vergleich zu Tempo 130 km/h einsparen?“
FELIPE: „Bezifferbar sind die Erfolge, die der flexible Luft-100er im Tiroler Oberland im Jahr seiner Einführung hatte. Im ersten Jahr wurden 10% weniger CO2-Ausstoß und 25% weniger Unfälle gemessen. Weil die Luftgüte aber auch wetterabhängig ist, können wir hier für den fixen Luft-100er keine Zahlen nennen.“

ROKU: „Warum wartet die Regierung mit der Einführung des Sektoralen Fahrverbotes für LKW ein Jahr lang?“
FELIPE: „Maßnahmen nach dem Immissionsschutzgesetz Luft müssen in einem Stufenplan eingeführt werden, das verlangt die EU-Kommission. Nach jeder Stufe wird gemessen, ob weitere Maßnahmen notwendig sind, um unter die Grenzwerte für Luftbelastung zu kommen, erst dann darf die nächste Maßnahme eingeführt werden.“

ROKU: „Welche Güter sollen ab Herbst 2015 nicht mehr auf der Inntal-Autobahn befördert werden dürfen?“
FELIPE: „Wir schreiben den Transport sogenannter „bahnaffiner Güter“ auf der Schiene vor. Das sind Güter, die es nicht so eilig haben, weil sie nicht verderblich sind: Das ist etwa Rundholz, Fahrzeuge, Keramikprodukte, Fliesen, sämtliche Abfälle und Getreide.“

ROKU: „Sind Sie immer noch gegen eine Landes-Förderung von Elektro-Autos, obwohl hier Abgase eingespart werden könnten?“
FELIPE: „Ja, unser Weg bleibt ein attraktiverer öffentlicher Verkehr.“

ROKU: „Was tun Sie persönlich in der Regierung derzeit für den Aufbau einer Elektroauto-Ladeinfrastruktur in Tirol?“
FELIPE: „Es gibt bereits punktuell Angebote in diese Richtung der TIWAG, deren Ausbau ich unterstütze.“

ROKU: „Also noch nichts konkretes... Wir danken für das Interview!“

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