Ukraine: Wenn Wladimir am Gashahn dreht...
Etwa 170 Milliarden Kubikmeter Erdgas importiert die EU jährlich aus Russland. Österreich verbraucht pro Jahr etwa 8,5 Milliarden Kubikmeter. Nur 12 Prozent kommen aus der Heimat, 80 Prozent kommen aus Russland. Eine Abhängigkeit von Russen-Gas gibt es in den meisten EU-Staaten...
INTERNATIONAL Im Jahr 2020 kamen fast zwei Drittel des deutschen Erdgas-Bedarfs aus Russland, in Österreich sollen es aktuell laut ORF-TELETEXT sogar 80 Prozent sein. Anders formuliert: Ohne russisches Gas hätten Hunderte Millionen Menschen keine warme Wohnung, kein heißes Wasser, Gas-Kraftwerke stünden still. Dass sich die EU in dieser Situation trotzdem fleißig an den Russen reibt, noch immer Sanktionen aufrecht erhält und mit neuen droht, ist interessant. Denn ohne russisches Gas würde die europäische Versorgung sowie die Industrie zusammenbrechen.
Reserven für etwa 3 Monate
In Europa könnte man die Versorgung auch beim Ausfall von Lieferungen etwa drei Monate lang aufrechterhalten. Im besten Fall. Österreich ist hier offenbar noch besser aufgestellt: Etwa 8,5 Milliarden Kubikmeter – also etwa einen ganzen Jahresbedarf – kann die Alpenrepublik einlagern! Aber ... die Speicher sind aktuell laut ORF TELETEXT nur zu 26 Prozent gefüllt. Österreich könnte sich also ebenfalls für etwa drei Monate selbst versorgen. Hinzu kämen beim Ausfall von russischen Lieferungen noch die Fördermengen im eigenen Land (etwa 12 Prozent des Jahresbedarfes) und etwaige Lieferungen aus anderen Ländern.
Tirol hängt am bayrischen Netz
In Tirol hängen etwa 120.000 Haushalte, Betriebe und öffentliche Gebäude am 3.800 km langen Gasnetz der TIGAS. Die Tiroler Gasleitung ist bei Kiefersfelden mit dem Netz von Bayern-Gas verbunden. Nicht jedoch mit dem Rest des österreichischen Gasnetzes. Tirol hat auch keine eigenen Gas-Speicher. Dazu heißt es von der TIGAS: "Tirol kann über das deutsche Netz auch auf die österreichischen Speicher zugreifen. Hierzu gibt es bilaterale Abkommen. Würde es zu einer Verknappung der Gasversorgung kommen, wird auf Grund der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und Krisenpläne prioritär die Versorgung der Haushaltskunden sichergestellt." Die unterirdischen Speicher von Bayern-Gas fassen etwa das zehnfache des Tiroler Jahresbedarfs.
(Gas)Konflikt Russland-Ukraine nicht neu
2022 motivieren der gestiegene Gaspreis und das Säbel-Rasseln an der russisch-ukrainischen Grenze zum Nachdenken über die Rohstoff-Abhängigkeit von Russland. Ein Krieg zwischen Russland und der Ukraine hätte mit Sicherheit Auswirkungen auf die Versorgung von Europa, vor allem, wenn sich die EU von den USA zum, wenn vielleicht auch indirekten, Eingreifen in den Konflikt motivieren lässt. Schon 2009 kriselte es zwischen Russland und der Ukraine: Die Ukraine fand den Gaspreis zu hoch und hatte die Zahlungen an Russland einfach eingestellt. Russland drehte daraufhin den Gashahn zu, die Ukraine wiederum hat sich kurzerhand das benötigte Gas von den nach Europa führenden Pipelines abgezweigt. Es kam zum Engpass. Die Gas-Krise: Ein echtes "Déjà-vu". Auch 2006 drehte Russland den (Gas)-Hahn aus ähnlichen Gründen zu. Zwar möchte die EU seit den Erlebnissen von 2006 die Abhängigkeit von russischen Rohstoffen reduzieren. Geschafft hat man das allerdings nicht. Das "Reagieren" auf die Situation ist nicht so leicht: Erdgas (vorwiegend Methan) ist eine relativ saubere Energiequelle: Etliche Kraftwerke in der EU wurden von dreckiger Kohle auf Erdgas umgestellt, Tausende Haushalte heizen mit Gas.
Fragwürdige NATO-Strategie
Dabei kommt das Macht-Gehabe in Russland nicht von ungefähr: Nach dem II Weltkrieg wurde Europa in Einfluss-Bereiche zwischen Ost- und West aufgeteilt. Heute hat die Sowjetunion all ihre Satelliten-Staaten verloren: Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Teile Jugoslawiens, Rumänien, Bulgarien, Estland, Litauen... all diese ehemals fest in russischem Einfluss stehenden (teils) Mitglieder des "Warschauer Paktes" hat der Westen umgedreht, zu EU-Mitgliedern und teils auch zu NATO-Mitgliedern gemacht. Mit der Ukraine, die einst russisches Kern-Territorium war, wäre für Russland eine rote Linie überschritten. Sollte die Ukraine der NATO beitreten, käme das beinahe einer Kriegserklärung gleich...