Die Wörgler Rechtsanwältin Dr. Katharina Moritz informiert regelmäßig im ROFAN- KURIER über aktuelle scheidungsrechtliche Belange. Blickfang Photographie

Kindesunterhalt und Sonderbedarf

Das Unterhaltsrecht sieht vor, dass neben den laufenden Zahlungen für ein Kind bei Vorliegen eines Sonderbedarfes zusätzliche Beiträge vom Unterhaltspflichtigen zu leisten sind.

Sonderbedarf ist ein Mehrbedarf des Kindes, der über den allgemeinen Durchschnittsbedarf hinausgeht. Es handelt sich dabei um Kosten, die nicht regelmäßig anfallen, sondern aufgrund außergewöhnlicher Bedürfnisse des Kindes entstehen. Der Durchschnittsbedarf eines Kindes in Österreich wird für sämtliche Altersstufen durch den sogenannten „Regelbedarf“ festgelegt. Diese Beträge werden jährlich veröffentlicht und sind jedermann zugänglich. Falls die Unterhaltszahlungen für das Kind den Regelbedarf übersteigen, ist der Differenzbetrag zwischen dem Regelbedarf und dem Unterhaltsbetrag für die Deckung von Sonderbedarf heranzuziehen. Auf welchen Zeitraum das umgelegt wird, ist im Einzelfall zu beurteilen. Übersteigt jedoch ein gerechtfertigter Sonderbedarf des Kindes diesen Differenzbetrag, wird der Unterhaltspflichtige zur Zahlung herangezogen.

Sonderbedarfs-Beispiele

Ausbildungskosten oder Krankheitskosten sind typische Fälle des unterhaltsrechtlichen Sonderbedarfes. So sind etwa Internatskosten oder Kosten für ein auswärtiges Studium im oben beschriebenen Ausmaß vom Unterhaltspflichtigen zu übernehmen, wenn eine gleichartige Ausbildung am Wohnort des Kindes nicht möglich ist oder dem Kind nicht zugemutet werden kann. Dies trifft auch zu, wenn damit das Ausbildungsziel im Hinblick auf die besonderen Interessen oder Fähigkeiten des Kindes besser erreicht werden kann. Die Kosten für die Teilnahme an Sprachferien im Ausland werden als Sonderbedarf anerkannt, wenn die Teilnahme zur Sicherung des Schulabschlusses notwendig oder zumindest zweckdienlich ist.

Die Anschaffung eines Computers oder anderer Lehrmittel, die mit einem außergewöhnlichen finanziellen Aufwand verbunden sind, können ebenfalls zu einer zusätzlichen Zahlungsverpflichtung führen. Unter den Begriff des Sonderbedarfes fallen auch Krankheitskosten, die im Zusammenhang mit der Erhaltung der gefährdeten Gesundheit oder der Heilung einer Krankheit des Kindes anfallen. Dazu werden auch Zahnregulierungskosten gezählt. Bei der notwendigen Anschaffung von Brillen ist zu beachten, dass primär auf eine mögliche Kostentragung durch die Krankenkasse zurückzugreifen ist. Nur falls dies nicht oder nur teilweise möglich ist, würde ein Sonderbedarf entstehen. Pflegegeld, das für ein Kind bezahlt wird, muss nicht für die Deckung eines Sonderbedarfes verwendet werden. Pflegegeld stellt ausschließlich eine Abgeltung für Pflegeleistungen dar, die für das Kind erbracht werden.

Grenzen der Zahlungspflicht

Wie oben dargestellt, ist Sonderbedarf grundsätzlich nur in dem Ausmaß zu ersetzen, als er die Differenz zwischen Regelbedarf und geleisteten Unterhaltszahlungen übersteigt. Auch bei Berücksichtigung eines Sonderbedarfes hat sich die Unterhaltsleistung im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zu halten. Es ist deshalb in jedem Einzelfall eine gesonderte Prüfung und Abwägung erforderlich. Je existenzieller jedoch ein Sonderbedarf ist, desto eher ist der Unterhaltspflichtige damit zu belasten.


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