LA Mag. Markus Sint, LISTE FRITZ: „Eindämmen des Transits wäre Hauptaufgabe der Landes-Regierung...“

Sint: „Für EU-Beitritt Ökopunkte-Regel verschenkt“

Die Autobahnen Tirols sind mittlerweile ganzjährig ein Baustellen-Friedhof. Kein Wunder: Ein einziger LKW zerstört die Straße so, wie 30.000 PKWs. Und durch Tirol donnern Jahr für Jahr 2,5 Millionen Schwerfahrzeuge... Der ROFAN-KURIER hat LA Mag. Markus Sint, LISTE FRITZ, zu einem Schwerpunkt-Interview eingeladen.

TIROL In Sachen Verkehr läuft einiges schief in Tirol. Mautflüchtlinge werden nur freundlich auf die Autobahn zurück geschickt, anstatt sie abzustrafen. Die Brenner-Strecke ist zu billig. LKWs werden mit Billig-Diesel von der Autobahn in die Dörfer gelockt. Tausende Tiroler müssen ihr Freizeit-Verhalten nach den Urlaubs-Fahrten von Millionen Deutschen und anderen Urlaubern richten...

ROKU: "Was sagst Du zur Verkehrsentwicklung in Tirol?"
SINT: "Wenn man sich die Zahlen 2024 anschaut: Der LKW-Verkehr ist mit knapp 2,5 Millionen Fahrten nur gering rückläufig und viel zu hoch! Man hat 2024 die Fahrer befragt: 63% fahren nur durch, reiner Transit. 25% der LKWs fahren im Ziel- und Quellverkehr und nur 12% sind innertirolerischer LKW-Verkehr! Wir haben also ganz klar ein Transit-Problem. Wir haben aber auch 12 Millionen PKWs pro Jahr. Das und auch noch die Baustellen überschreiten die Belastungs-Grenze der Bevölkerung längst, permanent und deutlich! Dazu permanent Stau, Lärm, schlechte Luft, Feinstaub..."

ROKU: "Jede Landesregierung erklärt, man wolle etwas gegen den Transit tun. Es wirkt aber so, als wäre man hier auf verlorenem Posten..."
SINT: "Was kann man tun: Wir sind beim Verkehrs-Thema nicht Herr im eigenen Haus! Die Landesregierung kündigt viel an, bringt aber nicht viel weiter. Ein Fehler ist: Es gab noch nie eine Landesregierung, die international so schlecht vernetzt war! Wir brauchen für Lösungen aber internationale Unterstützung... Notwehrmaßnahmen wie sektorale LKW-Fahrverbote, Dosiersysteme, Nachtfahrverbote… darf man keinesfalls lockern! Und das Slotsystem bringt ohne Obergrenze nichts! Wir brauchen zum Beispiel „1 Million darf durch“. Wir haben ca. 800.000 LKW Umweg-Transit, weil es durch Tirol billiger ist. Das kann es nicht sein. Das hängt aber auch mit unserem irren Angebot an Billigtankstellen an der Autobahn zusammen. Ergo: Die Maut muss dringend erhöht werden – aber unser Streckenabschnitt ist viel zu kurz. Also wollen wir, dass Südtirol die Maut erhöht. Aber das passiert vermutlich nicht. Daher müsste man Zuckerl wie das billige Tanken für LKWs abdrehen und man muss es dem Transit so schwer wie möglich machen – durch Kontrollen."

ROKU: "Das hätte man schon vor Jahren anpacken können..."
SINT: "Natürlich. Die Situation ist der Bevölkerung nicht länger zumutbar. Es kann nicht sein, dass weite Teile unserer Bevölkerung ihren Tages- und Wochenendablauf nach dem Ferien-Kalender der Deutschen richten müssen! Die Alternative ist die Schiene: Aber das Gütervolumen über den Brenner auf der Schiene ist um 1 Million Netto-Tonnen zurückgegangen! Die rollende Landstraße ist von 245.000 LKWs im Jahr 2010 auf 103.000 LKWs im Jahr 2024 zurückgegangen! Der Brenner-Basis-Tunnel wird ohne zwei Rahmenbedingungen ein Milliardengrab sein: a.) Die Zulaufstrecke in Bayern muss gebaut werden und b.) es braucht eine Verlagerungs-Verpflichtung. In diese Richtung zu wirken wäre die Hauptaufgabe unserer Landesregierung..."

ROKU: "Was ist der Grund für diesen Rückgang?"
SINT: "Der Rest der ROLA, der noch funktioniert, läuft nur wegen dem Nachtfahrverbot. Wenn das fällt, ist die ROLA Geschichte. Dann haben wir die LKWs in der Nacht auch noch auf der Autobahn. Verkehr ist wie Wasser. Er sucht immer den leichtesten Weg... Der Fehler war: Die ÖVP hat das ÖKO-Punkte-System beim EU-Beitritt auslaufen lassen! Sowas kann man doch nicht machen! Man hätte sagen müssen: Gut, wenn man sich aktuell nicht auf eine Alternative einigen kann, bleibt das System bestehen, bis man sich auf etwas anderes, ein neues System, einigt."

ROKU: "Was macht die LISTE FRITZ in dieser Sache?"
SINT: "Wir beantragen aktuell die Einführung einer Verlagerungs-Verpflichtung. Aber das kann Tirol nur schaffen, wenn man Partner hat… Aber es muss ja auch in EU-Interesse sein, dass ein Bauwerk, wie der Brenner-Basis-Tunnel, das 10 Milliarden EURO kostet, auch genutzt wird."

ROKU: "Eure Liste macht ja immer wieder Anfragen dazu, wie das Land unser Geld ausgibt, auch zum Werbe-Budget. Die Verteilung desselben scheint sich sehr auf einige wenige Betriebe zu konzentrieren…"
SINT: "Die Zahlen 2024 erheben wir erst, 2013 bis 2023 sieht man eine brutale Steigerung. 2013 hat man für Repräsentation 603.000, – EURO und 2023 schon 3,4 Mio. EURO ausgegeben! Bei der Öffentlichkeitsarbeit – also den Werbe-Einschaltungen – wurden 2013 1,2 Mio. EURO ausgegeben im Jahr 2023 waren es schon 2,3 Mio. EURO.  Wenn ich höre: Das Land hat kein Geld – man muss sparen, frage ich mich, warum das Land dann über 365 Events im Jahr ausrichtet. Das sind mehr Events als das Jahr Tage hat…"

ROKU: "Thema Asyl und Sozialhilfe: Das Land gibt hier Millionen aus – vor allem für Menschen, die noch nie in unser System einbezahlt haben. Im Polit-Interview mit LHStv. Wohlgemut sagte dieser, das System, wie es ist, bleibt so. Denkt ihr das auch, oder sollte sich hier etwas ändern?"
SINT: "Man hat ja hier in der Klausur eine Ankündigung gemacht. Grundsätzlich wird eine Vereinheitlichung der Sozialleistungen für Österreich sinnvoll sein. Warum sollen 9 Kinder in Wien mehr bekommen als in Niederösterreich. Wohnen ist aber in Tirol teurer als woanders. Hier muss man zumindest in diesem Bereich mehr bezahlen."

ROKU: "In Österreich bekommen teils auch verurteilte Straftäter im Gefängnis weiter Sozial-Geld. Was sagst du dazu?"
SINT: "Bei der Mindestsicherung kann ich das denke ich ausschließen. Bei Mindestsicherung muss man ja auch da wohnen. Das findet so in Tirol denke ich nicht statt."

ROKU: "Welche weiteren Themen sind Dir aktuell besonders wichtig?"
SINT: "Wir haben uns alle Förderungen des Landes angeschaut: Wir haben jede Richtlinie durchgelesen – bezüglich Antrags-Systematik. Das sind zum überwiegenden Teil digitale Antragstellungen! Das ist eine Sauerei. Man grenzt da alle aus, die es entweder nicht digital machen wollen oder dazu nicht in der Lage sind. Das geht so nicht. Hier müssen die Richtlinien geändert werden. Das wäre dringend."

ROKU: "Dauerthema Wohnen..."
SINT: "Wohnen ist DER Preistreiber. Überall. Das ist nicht gottgegeben, sondern hausgemacht. Das hängt zusammen mit dem Ausverkauf, der hier stattfindet. Ob touristische Auswüchse oder illegale Freizeit-Wohnsitze. Das ist das Problem. So können sich Einheimische nichts mehr leisten. Damit verlieren wir auch die jungen Familien, die absiedeln müssen. Das ist mir das größte Anliegen. Dass man hier als Landesregierung zuschaut – und ein paar wenige profitieren lässt, ärgert mich. Man geht bei uns mit Grund und Boden um, als gäb´s kein Morgen! Aktuell entstehen in Tirol über 3.000 neue Hotelbetten..."

ROKU: "Danke für das Gespräch."


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