Im Bild die Küstenlinie vor Hiroshima mit dem kilometer-hohen Atompilz. Foto: US Army, zur Verfügung gestellt von: Hiroshima PeaceUS Army von: Hiroshima Peace, Memorial Museum

75 Jahre Atomschlag gegen Japan

Von der Welt fast unbemerkt hat ein neues atomares Aufrüsten begonnen. Vor allem die USA gefallen sich wieder in der Rolle der Atom-Supermacht. Ein Grund mehr, an das Leid von Hiroshima und Nagasaki zu erinnern.

JAPAN Im Juli 1945 gab US-Präsident Harry S. Truman den Befehl zum Atombomben-Einsatz gegen Japan, einen Gegner, der wirtschaftlich völlig am Boden lag und dessen Soldaten sich mangels Munition mit Bambus-Speeren bewaffneten. Japan ist damals bereits – wie Deutschland – völlig ausgebombt. Fünf Städte hat man verschont. Für "unverfälschte Test-Bedingungen".

Als am Montag, 6. August 1945 um 7:09 Uhr Flieger-Alarm ausgelöst wird, beachten ihn die Menschen in Hiroshima kaum. Sie sitzen beim Frühstück, die Arbeitstrupps werden eingeteilt, die Kinder machen sich auf den Weg in die Schule...

"Hauptziel bombardieren"

Es ist die "Strait Flush", ein Wetter-Beobachtungsflugzeug. Gegen 7:25 Uhr hat es seine Aufgabe erfüllt: "Empfehlen, das Hauptziel zu bombardieren", funkt der Kapitän des Bombers an die Basis. Als die "Strait Flush" um 7:31 Uhr abdreht, wird Entwarnung gegeben. Kurz nach 8:00 Uhr abermals Alarm: Ein kleiner Verband, bestehend aus drei B29 "Superfortress", taucht in 9.530 Meter Höhe am Himmel auf. An ihrer Spitze die "Enola Gay"… Um 8:15 Uhr befindet sich die "Enola Gay", gesteuert von Oberst Paul Tibbets, genau über der Abwurfstelle, einer T-förmigen Brücke über den Fluss "Ota".

Exakt um 8:15 Uhr und 17 Sekunden klinkt Bombenschütze Ferebee "Little Boy", so der Codename der Bombe, aus. Die Superfortress dreht hart ab, Tibbets geht kurzzeitig in Sturzflug um Geschwindigkeit aufzubauen. Er gibt vollen Schub auf die vier Motoren. Das Flugzeug muss mindestens 13 Kilometer vom Explosions-Punkt entfernt sein, um nicht von der Schockwelle vernichtet zu werden.

Einige Japaner blicken zum Himmel und klatschen: Hinter einem der beiden Begleit-Flugzeuge sehen sie drei Fallschirme. "Die Amerikaner stürzen ab", denken sie. Doch es sind Geräte, die Druck und Strahlung messen und per Funk an die Flugzeuge übermitteln sollen…

Eine Sonne explodiert

45 Sekunden lang beobachten die Menschen die drei Fallschirme. Dann hat "Little Boy", die 4.535 Kilogramm schwere und vier Meter lange Atombombe, die Zündhöhe von 565 Metern über dem Meeresspiegel erreicht. Die Drucksensoren lösen die stärkste bis dato von Menschen verursachte Explosion aus.
Der Feuerball hat einen Durchmesser von 500 Metern und eine Kraft von 20.000 Tonnen TNT. Im Bruchteil einer Sekunde werden tausende Leben ausgelöscht. Die Menschen zerfallen zu Asche, werden im 6.000 Grad heißen Nahbereich verdampft.

Das Zentrum von Hiroshima wird zum Verbrennungs-Ofen: Schatten von Menschen brennen sich in Beton und Straßenbelag. Noch in vier Kilometern Entfernung brennt es den Menschen Teile der Haut von ihren Körpern. Bei hunderten Frauen brennen sich die dunklen Muster ihrer Kimonos auf die Haut: Die Muster leiten die Hitze direkt weiter, während die Haut unter hellerem Stoff unversehrt bleibt.

Andere überleben noch wenige Sekunden, bis die Druckwelle der Explosion mit 800 km/h über die Stadt fegt und sie erschlägt wie eine riesige Faust oder sie von umherfliegenden Häuserteilen und Glassplittern getötet oder verschüttet werden. Die mehrere tausend Grad heiße Sonnenglut und die Druckwelle verwandeln 13 Quadrat-Kilometer in eine nukleare Wüste. Wenige Minuten nach der Explosion setzt bereits der radioaktive Regen ein: Tropfen, schwarz von Asche und Staub. Sie sind so schwer, dass sie auf der Haut schmerzen. Das Phänomen entsteht durch die Verdampfung des Wassers im Feuerball und die darauf folgende Kondensation in der Wolke.

Wer kann, schleppt sich zu Teichen oder Flüssen, um die Verbrennungen zu kühlen. Die, die später kommen, kriechen über jene, die schon da sind. Wer unten liegt, ertrinkt. Brunnen, Teiche, Flüsse sind an diesem Tag voll von Leichen.

Viele, die den Kampf um die Wasser-Stellen überleben, trinken den schwarzen Regen und besiegeln damit ihr Schicksal. Der schwere Regen ist voll von radioaktivem Staub. In wenigen Tagen wird die Strahlenkrankheit fast alle töten, die davon getrunken haben.

Nagasaki: Eine zweite Bombe

70.000 Leben löscht die erste Atombombe sofort aus. 40.000 teils schwerst Verletzte sterben wenig später. Als Japan dennoch nicht kapituliert, befiehlt Präsident Truman für den 9. August 1945 den vorgezogenen Abwurf der zweiten Bombe. Der Code-Name der Nagasaki-Bombe: "Fat Man". Hiroshima war zugleich ein Erst-Versuch: "Little Boy" war eine Uran-Bombe, wie man sie bis zum Abwurf noch nicht getestet hatte.

385.000 Tote, über 350.000 lebende Opfer

"Bis heute sind in Hiroshima 250.000 Menschen an den Folgen der Hiroshima-Bombe gestorben, in Nagasaki sind es etwa 135.000 direkte Bombenopfer. Weitere 350.000 Überlebende erhielten einen Opferausweis, weil sie (sofern sie noch am Leben sind, Anm.) bis heute unter den Folgen der Atombomben leiden", informierte ein Text auf der Homepage des japanischen Bomben-Museums von Hiroshima. Die Überlebenden litten an Blutkrebs, Tumoren, Verbrennungen, Behinderungen.

Und auch die Nachkommen der Überlebenden leiden: Sie sind stigmatisiert, haben manchmal Krankheiten. Sie bekommen nur schwer einen Partner, weil man fürchtet, sie könnten durch die Verstrahlung missgebildete Kinder zeugen...

Hier findet man einige Erzählungen von Zeitzeugen, der Weg Amerikas zur Bombe wird hier gezeichnet Informationen über das Manhatten-Project findet man hier.


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