Dornauer: "Menschen wollen den starken Staat"
In der Reihe der ROKU-Polit-Interviews war diesmal Tirols SPÖ-Parteiobmann, Dr. Georg Dornauer, Gast in der Redaktion. Themen waren u.a. die Landtagswahl und Rendi Wagners "500.000 Neu-Einbürgerungen".
TIROL Die SPÖ Tirol konnte sich nach den starken Verlusten 2008 (-10,4%) zuletzt 2018 wieder leicht erholen und ist mit 17,25% und 6 Landtags-Sitzen knapp vor der FPÖ (15,5%, 5 Sitze) die Nummer zwei in Tirol. Wenn auch mit großem Abstand zur ÖVP (44,2%, 17 Sitze).
ROKU: "SPÖ-Parteitag: Schlechtestes Ergebnis, nur 75% ohne Gegenkandidat… Ist Rendi Wagner für die SPÖ in Tirol und die nahende Landtags-Wahl ein Zugpferd oder eher ein Klotz am Bein?"
DORNAUER: "Ich habe mit Rendi-Wagner in den letzten 15 Monaten intensiv zusammengearbeitet. Wir haben jetzt ein sehr direktes, unmittelbares politisches Verhältnis zwischen Tirol und Wien aufgebaut. Wir versuchen hier, für die Menschen das Beste herauszuholen. Ich sehe sie positiv für die nächste Wahl in Tirol!"
ROKU: "Was glaubst du halten die Menschen von Rendi-Wagner´s Vorstoß, mit einem Schlag 500.000 Ausländern eine Staatsbürgerschaft zu verleihen – mit allen Folgeproblemen wie Familien-Nachzug, Sozialleistungen?"
DORNAUER: "Also wir sprechen nie und nimmer von 500.000 Einbürgerungen. Wir sprechen nicht von illegal Aufhältigen, Leuten im aktivem Asylverfahren, straffällig gewordenen Personen. Wir sprechen wirklich nur von legitimen Aufenthalten, mit legalem Aufenthalts-Titel. Und auch nur dann, wenn die Einkommens-Verhältnisse so gelagert sind, dass sich die Personen selbst erhalten. Ohne Mindestsicherung. Und ja: Da sind Fehler passiert: Diese Details hätte man viel klarer kommunizieren müssen. Es ist klar, dass ÖVP und FPÖ dieses Thema sofort ausgenutzt haben und kritisieren."
ROKU: "Möchte man seitens SPÖ ein Ausländer-Wahlrecht durch die Hintertür einführen?"
DORNAUER: "Nein... Um was geht es: Es geht um eine Chance zur Integration. Es geht um jene Menschen, die heute das Proletariat darstellen. Reinigungs-Frauen, Bauarbeiter… Wenn ich denen nach einer gewissen Zeit die Möglichkeit einräume, die Staatsbürgerschaft zu bekommen – mit sämtlichen Rechten und Pflichten – dann erreichen wir den Effekt einer echten Integration. Nochmal: Wir wollen nicht Bilder provozieren, wie 2015 – es geht um jene, die bereits bei uns sind."
ROKU: "Es ist etwas ruhig um Dich… Der "Horizontale-Sager" im Landtag, der Streit um das neue SPÖ-Logo mit Dornauer-Bild statt Rose, die Dauer-Kritik an Rendi-Wagner mit dem "Doppelname-Sager". Bist Du gesetzter geworden – oder einfach nur wegen CORONA weniger rausgekommen?"
DORNAUER: "Es freut mich, dass das auffällt. Ich lege halt meine Funktion als Parteichef so aus, dass ich dann und wann mit Kante auftrete… aber "ruhig" im Sinne der politischen Themen: Das kann ich so nicht stehen lassen (lacht)."
ROKU: "Kaum CORONA-Fälle, trotzdem nur mit Test zum Wirt! Die SPÖ befürwortet diese scharfen Maßnahmen. Wie kommt man da wieder raus?"
DORNAUER: "Zum einen glaube ich, dass eine hohe Impfrate eine hohe Chance bringt. Das zweite ist die verfassungsrechtliche Komponente: Ich habe mit dem Verfassungs-Gerichtshof gesprochen – unsere Juristen kennen die Situation von vor 12 Monaten viel besser als die jetzige. Viele Klagen, viele Anfragen... Die Verhältnismäßigkeit? Bei aller Loyalität zu Rendi-Wagner: Wir müssen da schon schauen: Sind die gesundheitpoltitische Situation und die Maßnahmen noch angemessen? Ob das zu jedem Zeitpunkt so war, weiß ich nicht! Gerade an den Schulen, gerade beim Besuch der Gastronomie. Man kann hier auch nicht erwarten, dass man mit so komplizierter Sprache alle Bürger mitnimmt..."
ROKU: "Die Halbzeit der laufenden Legislatur-Periode ist vorbei. Bereitet sich die SPÖ aktuell schon auf die nächste Tiroler (Landtags)-Meisterschaft vor?"
DORNAUER: "Ja. Definitiv. Wir bereiten uns bereits auf diese Auseinandersetzung vor! Jedes Tages-Thema betrachten wir auch in Hinblick auf den nächsten Wahlkampf. Wir machen aber keine Fundamental-Opposition! Wir schauen, was Sinn für das Land macht."
ROKU: "Bei der Wahl 2018 haben die GRÜNEN (10,6%) knapp 2% verloren, haben es aber trotzdem in die Koalition geschafft. Was sagst du dazu?"
DORNAUER: "Fakt ist: Der Landeshauptmann hat sich damals wieder für den geschwächten GRÜNEN Partner und einzigen Wahl-Verlierer entschieden. Es hat damals schon Koalitions-Vorgespräche mit der SPÖ gegeben. Es machte aber durchaus Sinn, dass man sich nicht zu früh auf eine Koalition eingelassen hat, dass man es nicht "zu billig" gegeben hat. Wir wollen in Tirol in Zukunft aber klar wieder Verantwortung tragen!"
ROKU: "Du hast vorausgesagt, dass Ingrid Felipe zurücktritt. Eine Fehleinschätzung?"
DORNAUER: "Vieles regelt ja die Zeit... Eines steht fest: Sie hat sämtliche Parteifunktionen intern bereits zurückgelegt! Das ist im Polit-Zirkus das deutliche Zeichen dafür, dass jeder Beobachter davon ausgehen darf, dass sich hier eine Änderung der politischen Laufbahn abzeichnet."
ROKU: "Wo sind für den Wähler die wichtigsten Unterschiede zwischen SPÖ und GRÜNE?"
DORNAUER: "Wir sind die einzige Partei die konkrete Vorschläge liefert! Wir haben bewiesen: Bei uns geht Haltung vor Kalkül. Solidarischer Gedanke, Chancengleichheit, Freiheitsgedanken. Das ist unser Alleinstellungs-Merkmal. Wir lassen aber sicher nicht um 3.00 Uhr in der Früh Jungendliche (Asylwerber, Anmerkung) von der Polizei abholen und abschieben."
ROKU: "Seit eineinhalb Jahrzehnten bewegt sich die SPÖ in Tirol zwischen 15 und 17 %. Hat die Tiroler SPÖ mit 6 Mandaten ihren Zenit erreicht?"
DORNAUER: "Vor der Wahl 1999, vor Galtür, lag die SPÖ in den Umfragen bei 27%! 2003 erreichten wir 25%. 2008 gab es die Abspaltung in der ÖVP (Liste Fritz, Anmerkung). Das hat uns –10% gekostet...! Aber jetzt: Nach 15 Monaten Pandemie haben wir gesehen: Ein starker Staat und ein ausgebautes Gesundheits-System machen schon Sinn! Aus dem Gelernten heraus glaube ich: Die Leute wollen eine starke Sozialdemokratie! Sie wolen einen starken Staat. Und damit auch die SPÖ! Eine Grenze für unser Potential will ich nicht einziehen. Die Wähler sind sehr flexibel..."
ROKU: "Man sagt, du biederst Dich und die SPÖ aktuell etwas zu sehr als nächsten Regierungs-Partner in Tirol an..."
DORNAUER: "Wer mir das ans Zeug flickt, das ist der Rest der Opposition! Ich war der schärfste Kritiker der Koalition! Ich kuschle nicht. Ich habe auch als erster für Ischgl eine unabhängige Untersuchungs-Komission gefordert. Man kann mir nicht vorwerfen, ich biedere mich an. ABER: Wir sind keine Keifer und Dauer-Kritisierer. Wir unterstützen auch Projekte oder Ideen, die Sinn machen."
ROKU: "Welches Ressort gefiele Dir als Landesrat am besten?"
DORNAUER: "Man kann ja das Fell nicht verteilen, bevor der Bär erlegt ist… Aber im Bereich der Gemeinde- und Wohnpolitik traue ich mir entsprechende Fachkompetenz zu. Und natürlich vor allem in der Sozialpolitik! Da spüre ich die Enttäuschung der GRÜNEN Wähler! Hier bleiben wichtige, notwendige Maßnahmen aus – bestes Beispiel ist das Therapiezentrum EULE und dessen anstehende Schließung! Seit fast 30 Jahren haben die Verantwortlichen diese Therapie-Einrichtung aufgebaut. Das wird jetzt von den GRÜNEN abgedreht. Und die GRÜNE Landesrätin verweigert sogar jegliches Gespräch, wie ich höre. Das kann man doch nicht tun! Da braucht es dringend das Original der sozialen Politik – und das ist die SPÖ!"
ROKU: "Danke für das Gespräch!"
Autor: Mag. Christian Mück, Rechte: MP MEDIA & POWER GmbH - ROFAN-KURIER